Die sportliche Geschichte des Spiels gegen die Frankfurter Eintracht ist schnell erzählt. Wie so oft, gab es zwei komplett unterschiedliche Halbzeiten. Dominierten die Gäste die erste Halbzeit, war Schalke in der zweiten Halbzeit die klar bessere Mannschaft.
Nach der Führung durch Huntelaar, antworteten die gut stehenden Gäste prompt und hätten bis zur Pause locker in Führung gehen können, wenn nicht sogar müssen. Es war der schlechten Frankfurter Chancenverwertung, dem Schiedsrichter beim Foul an Inui und anscheinend auch dem Arena-Rasen bei der Chance von Aigner zu verdanken, dass die Mannschaften mit einem Remis in die Pause gingen.
Nach der Pause übernahm dann endlich Schalke das Kommando. Auch hier entschied der Schiedsrichter bei der Aktion von Zambrano an Höwedes falsch, zudem fehlte bei Schalke erneut die Genauigkeit für den letzten Pass. Druckvoll war Schalke in den letzten Minuten und hätte hier durchaus den Siegtreffer erzielen können. Insgesamt ist das Unentschieden aufgrund der unterschiedlichen Halbzeiten allerdings gerecht.
Viel Aufsehen erregender war allerdings die Aktion der „Hugos“ zu Beginn der zweiten Halbzeit. Was war passiert? Nachdem in der ersten Halbzeit schon eine Vielzahl an Spruchbändern gezeigt wurden, die sich gegen die gängige Praxis bei der Vergabe von bundesweiten Stadionverboten richteten, kam es vor dem Anpfiff der zweiten Halbzeit zum großen Knall. Im Block I der Nordkurve brannten mehrere Bengalen, unterstrichen durch ein Spruchband: „HUGOS sind nicht auszulöschen“
Eine Reaktion auf drohende und anscheinend auch bereits ausgestellte Stadionverbote für die Gruppe, die auch Schalkes Sicherheitsbeauftragter Volker Füderer im Reviersport bestätigte bestätigte.
Die Schalker Fanszene, besonders bei Heimspielen, war noch nie homogen. Ehrlich gesagt, kenne ich kaum ein heterogeneres Publikum als bei uns. Die Reaktionen waren demnach auch komplett unterschiedlich. Während es Solidarität aus der Richtung der Ultras GE und anderen nahestehenden Gruppen gab, stimmten andere Fans selten gehörte Gesänge in Richtig eigener Fans an. Deutlich waren „Wir sind Schalker und Ihr nicht“ und „Ihr seid scheisse wie der BVB“ zu hören.
Schnell ist die Diskussion um guter Fan und böser Fan wieder eröffnet und wird auch gerne von Medien und dem Verein aufgegriffen. Unter anderem auf Twitter, war von vereinschädigem Verhalten und Pyro-Iditoten die Rede. Doch ist das Thema wirklich so einfach?
Die Diskussion um Pyro ist alt und einfach zu lösen ist sie auch nicht. Doch ging es bei der Aktion gestern wirklich um den Einsatz oder die Legalisierung von Pyro? Nein, wohl eher nicht. Aus Sicht der Hugos war es die finale Eskalation rund um das Thema Repression. Ich hatte im Blogpost zum Derby bereits geahnt, dass das Derby seine sicherheitspolitischen Nachbeben haben wird. Und so scheint es vor allem für die Mitglieder der Hugos genauso gekommen zu sein. Nach meinem Wissen sind die vermeintlichen Strafverfahren zum Derby noch nicht abgeschlossen bzw. zum großen Teil noch gar nicht eröffnet. Trotzdem regnet es Stadionverbote für die Gruppenmitglieder. Die gängige Praxis mit den Stadionverboten ist seit je her ein Problem. Ausgesprochen auf Basis von eingeleiteten Verfahren oder gar nur Ermittlungen und nicht auf der Basis von rechtskräftigen Entscheidungen. Eine Situation wie Sie in einen Rechtsstaat eigentlich nicht akzeptabel ist und dennoch im Profi-Fußball an der Tagesordnung.
Die Hugos scheint es so hart getroffen zu haben, dass der rotzige Abgang mit einem Knall die einzig verbliebene Möglichkeit für den Abgang einer ganzen Gruppe war. Bei jedem Tatverdächtigen gilt die Unschuldsvermutung, nur bei potentiellen Straftätern im Rahmen von Fußballspielen nicht. Ich kann die Frustration dann doch gut nachvollziehen.
Trotzdem steht es jedem zu, die Art und Weise der am gestrigen Tage geäußerten Systemkritik zu verurteilen. Insbesondere vor dem Hintergrund der gestern breit angekündigten Initiative 12:12 – Ohne Stimme keine Stimmung wird nun die wichtige Diskussion rund um das Konzeptpapier der DFL „Sicheres Stadionerlebnis“ mit einer Pro/Contra-Diskussion zum Thema Pyro heruntergesetzt. Die Medien haben in den letzten Monaten gemeinsam mit der DFL ganze Arbeit geleistet, um die Diskussionen eben genau auf dieses Thema zu beschränken. Die gestrige Aktion auf Schalke, aber auch die Aktion der Hamburger in Düsseldorf, geben der Argumentation der DFL Auftrieb. Auf Basis dieser Sichtweise kann man daher durchaus von einem Bärendienst sprechen, den die Hugos der eigentlich guten Sache erwiesen haben.
Ich hatte eigentlich die Hoffnung, dass die Diskussion um das Konzeptpapier unabhängig von einer Pyro-Diskussion geführt werden kann. Diese Hoffnung kann ich mir nun wahrscheinlich abschminken, da werden Medien und DFL schon für sorgen. Nur neben sie den gestern angeschlagenen Spielball dankbar auf.
Nichtsdestotrotz möchte ich hier noch einmal herausstellen, dass in meinen Augen eine Vermischung der des Themas Pyro mit der Diskussion um das Konzept „Sicheres Stadionerlebnis“ nur bedingt etwas miteinander zu tun haben. Es müssen zwei Diskussionen geführt werden:
- die Diskussion um das Thema Rechtsstaatlichkeit im Rahmen von Gewaltprävention im Fußball
- die Diskussion um das Vorhaben der DFL im Rahmen des Konzeptes „Sicheres Stadionerlebnis“
Es sind beides Themen, bei denen die unterschiedlichen Parteien mit Ihren Ansichten Lichtjahre auseinander liegen. Eine Lösung liegt daher auch weit entfernt, so dass ich eher weitere Eskalationen sehe, als eine Lösung, die beide Seiten eingehen können.
Und ob dies im Sinne der DFL, des DFB, der Vereine, der Medien und aller Fans ist, stelle ich auch einmal stark in Zweifel!
Gegen vermeintliches Unrecht zu demonstrieren, in dem man Unrecht tut und gleichzeitig den Kämpfern gegen das DFL-Sicherheitskonzept mit Anlauf in die Eier tritt?
Nein, sowas kann ich nicht nachvollziehen. Und ich kann auch nicht nachvollziehen, wie andere sowas nachvollziehen können. Diese Aktion, wie auch die der Hamburger in Düsseldorf, treibt die Öffentlichkeit auf die Seite der „Sicherheitsbeauftragten“ der Verbände.
Ich kann die Frustration über die Situation und die Vergabepraxis der Stadionverbote nachvollziehen. Die Wahl der Mittel ist eindeutig nicht zielführend. Das habe ich auch so nicht geschrieben.
kann ich so unterschreiben.. guter Artikel
Pyrotechnik ist doch nur ein Symbol. Es geht den ultraorientierten Fans doch nicht wirklich darum, ob Pyrotechnik nun legalisiert wird oder nicht. Da dürfte auch der letzte Befürworter von Pyrotechnik eingesehen haben, dass es in den kommenden 10 Jahren keine (und sei sie an noch so viele Bedingungen geknüpft) Erlaubnis von Pyrotechnik in Fanblöcken geben wird. Dafür ist die Situation doch viel zu festgefahren.
Es geht doch viel mehr darum, dass es in den letzten Jahren immer mehr Angriffe auf die Fankultur gibt. Das beginnt mit vorgeschriebenen Anreisewegen zu sog. Riskospielen (in England darf die Polizei z.B. nicht in die Anreiserouten eingreifen) und endet mit Zwangsfestsetzung im Fanblock nach dem Spiel. Gerade auswärts werden organisierte Fans wie Kriminelle behandelt. Leider kann die Polizei und Politik es (noch) niemanden verbieten zu einem Fußballspiel zu fahren (wobei es gibt ja schon Meldeauflagen im Heimatort und Stadionverbote). Dann wird eben versucht, dem Auswärtsfan den Aufenthalt möglichst unschmackhaft zu machen, nach dem Motto „komm zum Spiel, wenn es sein muss, aber verpiss dich danach direkt wieder“!
Der Spielbesuch selber wird einem durch Auflagen, die zum Teil völligst absurd sind, madig gemacht. Warum gelten bezüglich Fahnen, Megafonen, Trommeln etc. Auflagen für den Gästeblock und im Heimblock nicht??? Was in der Heimkurve erlaubt wird, kann doch im Gästebereich nicht gefährlicher sein. In ein paar Stadien gilt ja das „St. Pauli-Modell“. Man darf alles, solange niemand gegen die Stadion- oder Hausordnung verstößt. Fällt eine einzelne Person aus dem Rahmen, wird für das nächste Mal die komplette Anhängerschaft damit bestraft, dass man bis auf Schal und Trikot nichts mehr darf. Sorry, aber was kann ich dafür, dass beim Derby Pyrotechnik gezündet wurde? Ich
saßstand aufm Oberrang und hatte damit nix zu tun. Trotzdem muss ich im nächsten Jahr auf meine Fahne (die ich in Wirklichkeit zwar nicht besitze) verzichten. Geht`s noch??? Die Polizei schreitet immer aggressiver gegen sog. Störer ein. Dass dadurch auch Unbeteiligte in Mitleidenschaft gezogen werden (Pfefferspry) stört scheinbar niemanden. Auch die angeblich gestiegene Anzahl an Störern wird nicht kritisch hinterfragt. Hier stellt sich nämlich die Frage nach dem Ei und der Henne. Ist die Polizei aggressiver und greift auch bei kleineren Ungehorsamkeiten strenger durch, weil es mehr Störer gibt oder gibt es mehr Störer, weil man sich einer strengeren Staatsmacht gegenüber sieht?Dann gibt es da auch noch die Medien, die sich zum Spielball der Hardliner machen lassen (oder sind es gar die Medien, die die Hardliner fördern???). Wenn es zu unschönen Szenen (wie zum Beispiel beim vergangenen Derby) kommt, dann kann ich mich in den darauf folgenden Tagen nicht vor Medienberichten über bürgerkriegsähnliche Zustände retten. Differenziertere Berichte muss ich dagegen mühsam zusammensuchen, da es sie kaum gibt. Ich dachte immer, Aufgabe der Medien wäre es, über Ereignisse neutral zu berichten. Dass man Situationen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Leider ist dem schon lange nicht mehr so. Es kostet ja zu viel Mühe und Geld, zwei Standpunkte zu betrachten. Also wählt man den Weg, der die meiste Leserschaft verspricht. Kurz, knackig und möglichst skandalös. Ein paar gefährliche Bilder dabei und fertig ist der Artikel über Randale. Der normale Bürger, der mit Fußball und seinen Fans nicht viel am Hut hat, fällt darauf rein und bildet sich mittels einseitiger Berichte seine Meinung. Diese wird dann im Bekanntenkreis weitergetragen. Ich muss jedes Mal schreien, wenn in irgendwelchen Foren darüber fabuliert wird, dass es ja lebensgefährlich wäre, ins Stadion zu gehen, dass alle Ultras (die meisten denken ja, dass das schwerste Verbrecher sind) in den Knast gehören, usw. usw.
„Syrien, Eurokrise und NSU – und wegen uns macht ihr ne Sicherheitskonferenz?!“
Die Aktion der Hugos am Samstag kann ich hinter dem Hintergrund und den bevorstehenden Stadionverboten nachvollziehen. Gut heißen tue ich sie trotzdem nicht, weil sich die Diskussionsbasis der moderaten Vertreter und Fanvertreter verschlechtert hat!
„Die gängige Praxis mit den Stadionverboten ist seit je her ein Problem. Ausgesprochen auf Basis von eingeleiteten Verfahren oder gar nur Ermittlungen und nicht auf der Basis von rechtskräftigen Entscheidungen. Eine Situation wie Sie in einen Rechtsstaat eigentlich nicht akzeptabel ist und dennoch im Profi-Fußball an der Tagesordnung.“
Ich verstehe den Zusammenhang hier nicht!!
Ein Stadion ist doch kein öffentlicher Platz oder sonst was. Das ist eine private Veranstaltung und da muss man auch nicht auf Rechtsstaatlichkeit oder sonst was verweisen. Wer sich nicht an die Regeln (des Vereins) hält, der kann gehen, so einfach ist das. Der Verein hat im Stadion Hausrecht. Ob verurteilt oder nicht ist da doch völlig egal.
Hier werden Ansprüche an Rechtsstaatlichkeit gestellt, die weit jenseits der Realität sind. Wenn der Verein Hugos, Ultras oder sonst wen nicht im Stadion haben möchte, wäre es auch das das gute Recht des Vereins.
Wem das nicht schmeckt, der soll sich auf der Jahreshauptversammlung zu Wort melden.