In den unterschiedlichsten Situationen frage ich mich, warum manche Diskussionen überhaupt geführt werden müssen. Um ehrlich zu sein, nerven mich diese sogar, da ich den Auslöser nicht nachvollziehen kann. Der Grund der Diskussionen ist für einfach keiner Diskussion würdig.
Gleiches gilt für mich beispielsweise auch für das Thema Homosexualität im Fußball bzw. das erste Outing eines Profifussballers.
Ich verstehe es einfach nicht. Ist die sexuelle Orientierung eines Menschen wirklich so wichtig und eine Diskussion wert? Ist es nicht einfach vollkommen egal ob homo- oder heterosexuell?
Für den DFB ist dieses Thema offensichtlich auch diskussionswürdig. Der Verband hat nun in der vergangenen Woche eine Broschüre veröffentlicht, die sich an die Profi-Vereine richtet. Das Dokument kann unter folgendem Link eingesehen werden: Broschüre „Fußball und Homosexualität“
Ziel der Broschüre ist, die Vereine und Aktive auf die möglichen (medialen) Reaktionen vorzubereiten. Oder um es mit den Worten von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach zu sagen:
„Es war uns wichtig, im engen Austausch mit Experten eine Broschüre zu entwickeln, die einen Beitrag zu einem offeneren, vorurteilsfreien Umgang mit dem Thema leisten kann. Sie soll darüber hinaus Vereinen, Aktiven, Trainern und Betreuern praxisorientierte Informationen an die Hand geben.“
Klingt eigentlich gut, doch beim Lesen der Broschüre stockte mir mehrfach der Atem. Über die einzelnen Hinweise und Ratschläge kann man streiten. Diese sollen hier allerdings nicht Thema sein. Vielmehr ist es für mich unfassbar, was in der Rubrik „Konter – Umgang mit kritischen Fragen“ geschrieben steht.
Beispiele der kritischen Fragen (Auszug) gefällig?
Sind Schwule nicht viel zu weich, um im harten Profi-Geschäft mitzuhalten?
Wenn es in einem Team Homosexuelle gibt, kommt es dann in der Dusche nicht zwangsläufig zu Problemen?
Sind die Homosexuellen nicht alle nur hinter den Kindern im Sportverein her?
Muss nicht das Stadion als letzter Ort erhalten bleiben, an dem „archaische Männlichkeit“, Gefühlsausbrüche bis hin zu Beleidigungen
und Diskriminierungen ausgelebt werden können? Als gesellschaftliches Ventil? Gehört das nicht zur Fußballkultur?
Luft holen. Ernsthaft. Ich war kurz davor zu platzen und wollte diesen Blogeintrag schon komplett anders formulieren. Dann dachte ich kurz nach. Und bekam Angst.
Was ist, wenn diese Fragen, die Peter Ahrens vom Spiegel eher im Aufklärungsbuch aus den 50er Jahren vermutet, wirklich noch relevant sind? Lebe ich in einer Gesellschaft, die diese Fragen wirklich noch stellen würde? Und dann denke ich an unterschiedlichste Situation in den Kurven und Blöcken dieser Republik in den vergangenen Jahren.
Und dann beantworte ich mir diese Fragen mit einem Ja und muss mir selbst eingestehen, dass diese eingangs erwähnten und nervigen Diskussionen rund um das Thema Homosexualität im Profisport vielleicht doch nicht so unnötig sind. So schlimm es auch ist.
Der DFB hat sich in den vergangenen Jahren definitiv nicht mit Ruhm bekleckert, was das Thema Homosexualität im Fußball betrifft. Die Broschüre, so seltsam sie im ersten Moment anmutet, ist ein guter erster Schritt. Aber der DFB ist nun auch der Pflicht seinen Versprechungen Taten folgen zu lassen.
Mir gefällt die Wendung, die dieser Text nimmt. Weil der erste Impuls so sehr auf der Hand liegt. Und weil die zweite Einschätzung, nach kurzem Innehalten, eben auch auf der Hand liegt. Ich glaube tatsächlich, dass der DFB viele Leute dort abholt, oder zumindest abholen könnte, wo sie noch immer stehen, so sehr wir das zunächst in Frage stellen mögen.
Insofern hätte ich hier natürlich auch einfach nur einen zustimmenden Punkt setzen können.
Vielen Dank!
Das Problem ist ja bei solchen gut gemeinten Publikationen immer das selbe. Der ein wenig nachdenkende Mensch schaut beim Lesen überwiegend peinlich berührt zu Boden…
Jedoch gibt es, wie du richtig erkennst, genau solch Gelaber (ob ernsthaft gemeint oder nicht) ja durchaus vielfach anzutreffen in den Stadien. Nur: Den entsprechenden Personen dürfte eine solche Broschüre ziemlich gleich sein….
Wirkung solcher Broschüren also gleich NULL. Ich denke auch nicht, dass man sich hier von Seiten der Herausgeber was vormacht, was die Wirkung betrifft. Aber man kann sagen: Wenigstens was gemacht….