Samstag, 16.05.2015, 33. Spieltag der Bundesliga. Ich sitze auf dem Rückweg vom Stadion in der Bahn und muss mich fragen, in welcher Scheiße mein Verein da gerade steckt.
Die Fakten mögen für Aussenstehende verwirrend, wenn nicht gar völlig bescheuert klingen:
- Schalke gewinnt das Spiel gegen Paderborn mit 1:0
- Die Mannschaft spielt unterirdisch und passt sich den Leistungen der letzten Wochen an.
- Schalke qualifiziert sich trotzdem am 33. Spieltag für die Europa League.
- Schalke wird am Ende vor dem BVB stehen.
- 45 Minuten Protest-Schweigen der Kurve, inklusive Hohn, Spott und Wut gegenüber der Mannschaft
- Die zweiten 45 Minuten sind nicht anders, nur dass Paderborn am Ende bejubelt wird.
- Kritik an Protest Clemens Tönnies und Horst Heldt.
- Die Eurofighter 96/97 werden gefeiert.
- Huub Stevens wird ebenfalls mit Sprechchören gefeiert, Roberto di Matteo dagegen ausgepfiffen.
- Die Mannschaft verschwindet nach dem Schlusspfiff unter Pfiffen in den Katakomben. Kommt danach wieder raus und wird vor der Kurve niedergepfiffen und bepöbelt.
- Belagerung des VIP-Traktes am Stadion nach dem Spiel, der Vorstand stellt sich und gibt Antworten. Nur auf welche Fragen?
- Clemens Tönnies äußert sich gar nicht. Ganz selten.
- Die Mannschaft lässt sich gar nicht mehr blicken. Warum auch?
Blickt noch wer durch?
Knapp 36 Stunden später, ist es nicht leichter, alles zu verstehen. Schalke steckt in einer Krise. Nur, wie tief ist diese Krise und wie kam es dazu?
Mein geliebter Verein ist sportlich in dieser Saison an vielen Dingen gescheitert. An zwei völlig unterschiedlichen Trainern, an einer inhomogenen und falsch zusmmengesetzten Mannschaft, nicht funktionierenden Fügungsspielern, nicht eingeschlagenen Neuverpflichtungen, Verletzungssorgen und vielem mehr. All das war auch am Samstag auch deutlich zu sehen.
Was nicht zu sehen, aber deutlich zu spüren war, ist die Hoffnungslosigkeit, der sich das Schalker Fan-Umfeld ausgesetzt fühlt. Schalke hechelt seit Jahren mit den immer gleichen (zweifelhaften) Methoden dem (imaginären) Ziel Meisterschaft hinterher. Die ewig gleichen Parolen, die immer kurzfristigen Reaktionen beim nicht Erreichen des Ziels. Kein langfristiges Konzept, sondern Aktionismus und öffentliche Statements von den falschen Personen zum falschen Zeitpunkt. Nicht zu vergessen, die immer fortwährenden Hinweise, dass die Vereinsform des S04 doch so ein Nachteil ist.
Dabei ist es doch aus Sicht der Fans so einfach. Alle hochkommenden Spieler aus der Knappenschmiede in den Profikader einbauen, einige hungrige Profis noch dazu und fertig ist die Mannschaft, mit der sich alle identifizieren können. Welch Traumvorstellung.
Also alles ganz einfach? Mitnichten. Die nicht gerade homogene Schalker Anhängerschaft hat ihren Teil dazu beigetragen, dass dieser Verein taumelt. Während ein Teil auf dem Hinterherhecheln der der Meisterschaft nichts abgewinnen kann und sich nach alten Zeiten sehnt, gibt es auf der anderen Seite auch eine große Menge an Anhängern, die eben den sportlichen Erfolg als oberste Priorität ansehen und hierbei alle Mittel in Erwägung ziehen. Diese Zerrissenheit ist ein weiteres Problem dieses, meines Vereins.
Und was macht die Führungsriege des Vereins? Sie versucht, beide Seiten einzufangen. Richtiger Ansatz, aber nicht gut umgesetzt. Kampagnen zum Kumpel- & Malocher-Club und gleichzeitig ruft man die ganz großen Zielen aus und treibt die Kaderkosten in die Höhe.
Und all das in Summe sorgt dafür, dass Schalke vor einem Scherbenhaufen steht. Vor einer Situation, die Entscheidungen erfordert. Entscheidungen, die den zukünftigen Weg des Vereins definieren müssen. Nur wer diese Entscheidungen treffen soll, weiß ich gerade auch nicht. So schlimm es klingt, allen Beteiligten vom Samstag, mich eingeschlossen, traue ich es im Moment irgendwie nicht zu.
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