Eigentlich wollte ich einen Artikel über den Einbruch der jungen Schalker Mannschaft in Stuttgart schreiben und wie wenig mich eben dieser sorgt. Stattdessen muss es mal wieder ein Artikel über den Verein bzw. dessen Verhalten sein.
Am gestrigen Mittwoch ging eine Meldung über den Ticker, dass die Mannschaft des FC Schalke 04 der Einladung des russischen Präsidenten folgen und den russischen Präsidenten Wladimir Putin im Kreml besuchen werde.
Da schluckt man angesichts der aktuellen Situation in der Ukraine und der immer wieder auftauchenden Menschenrechtsverletzungen in Russland schon gewaltig. Der Verein, in dem ich auch Mitglied bin, lässt sich vor einen politischen Karren spannen, und mich schockiert es.
Ich bin nicht so naiv, dass ich jemals geglaubt habe, dass das Verhältnis mit Gazprom jemals eine reine Sponsorenbeziehung gewesen wäre. Clemens Tönnies kann es noch so abstreiten, aber das Sponsoring von Gazprom würden ohne seine (geschäftlichen) Beziehung zu Wladimir Putin nicht existieren.
Allerdings, und hier liegt wohl mein Hauptfehler, hätte ich Clemens Tönnies für cleverer eingeschätzt, einem Besuch in der aktuellen Lage nicht zuzustimmen. Ketzerisch muss ich hier aber sagen, dass ggf. seine eigenen Interessen bzw. die seiner Firma wichtiger sind, als die soziale Verantwortung im Rahmen seiner Rolle beim FC Schalke 04.
Und dann habe ich über diese Aussage noch einmal nachgedacht und muss mich auch hier korrigieren. Clemens Tönnies sind die wirtschaftlichen Interessen seiner Firma und des FC Schalke 04 gleichermaßen wichtig. Durch die Annahme der Einladung hat er die Hoffnung, langfristig in der Gunst der russischen Geldgeber zu steigen. Und diese Gunst lässt sich einfach mit Sponsorengeldern gleichsetzen.
Oder wie Clemens Tönnies es formuliert:
Aber es wird eine Zeit nach der Krise geben. Wir dürfen nicht alle Bande zerreißen.
Es wird Menschen geben, die diese Haltung als wirtschaftlich clever und weitsichtig bezeichnen werden. Und ja, Schalke hat das Geld auch bitter nötig. Trotzdem, ich finde das Verhalten für einen Verein nicht passend und schäme mich dafür. Nicht, weil es Gazprom oder Russland ist, sondern weil es Clemens Tönnies billigend in Kauf nimmt, dass der FC Schalke 04 für politische Zwecke missbraucht wird.
CT macht Geschäfte in Russland. Ganz sicher haben er und Putin keine geschäftliche
Beziehung. Ich wäre mit solchen Behauptungen sehr vorsichtig, wenn sie nicht direkt
belegbar sind. Es ist also wieder da, das von Ronald Reagan ausgerufene „Reich des Bösen“.
Dazu kann man auch eine abweichende Sicht haben, aber lassen wir das.
Was mich aber viel mehr stört ist das permanente Geschwätz der sozialen und jetzt auch
politischen Verantwortung des FC Schalke 04. Das FC steht für – wir erinnern uns – Fußball Club.
Ja das sind wir, ein Fußball Verein – mehr nicht. Wir haben weder einen politischen Auftrag,
noch sollen wir zur politischen Meinungsbildung beitragen. In der Satzung steht vieles, aber
nichts über den Hunger der Welt oder Weltfrieden. Schon diese komische Sozialromantik
mancher Fans geht mir auf die Nerven. Da reden Leute von den 1000 Feuern die bestenfalls
mal eine brennende Mülltonne in Gelsenkirchen gesehen haben. Noch mal wir sind ein
Fußball Verein dessen Mitglieder jedes Jahr neu darum kämpfen müssen das ihre Interessen
halbwegs gewahrt bleiben – das allein ist schon schwierig genug. Wir sollten uns nicht
überdehnen und ja Geld stinkt manchmal, aber es wird immer gebraucht.
Puh, ganz schwieriges Thema.
Zuerst: Hat man große geschäftliche Beziehungen in Russland, ohne sie gleichzeitig auch mit Putin zu haben? Ich weiß es nicht bezweifle es aber.
Und nein, mir geht es nicht darum, dass ich wieder das Reich des Bösen ausrufe. Hier geht es nicht um den Besuch der Mannschaft in der Gazprom-Zentrale, sondern um einen Besuch im Kreml. Politischer wird es nicht gehen. Und genau das stört mich. Wenn die Mannschaft zum Weihnachtsessen bei Alexei Miller aufläuft finde ich es nicht gut, aber es ist wenigstens noch halbwegs nachvollziehbar, da es der Hauptsponsor ist. Aber was in Gottes Namen hat die Mannschaft bei Putin verloren?
Als Siemens Hauptsponsor bei Real war, gab es da auch eine Audienz im Kanzleramt? Ich denke nicht? Was soll also die Vermischung von Sport/Sponsoring und Politik?
Zum Thema „soziale Verantwortung“:
Ich verstehe, wo Du herkommst, aber ich sehe den Verein trotzdem in der Pflicht. Vielleicht ist in diesem Fall das Wort „sozial“ falsch, aber eine Verantwortung hat der Verein trotzdem. Und wenn es nur eine Verantwortung anderen Sponsoren gegenüber ist. Es gab eine Zeit vor Gazprom und es wird hoffentlich eine Zeit nach Gazprom geben. CT setzt aber im Moment auf einen extremen Schulterschluss mit dem aktuellen Sponsor, ohne auf die politische Brisanz zu achten. Und das muss nicht immer förderlich für den Verein sein.