Nun ist es also passiert: Schalke entlässt Trainer Jens Keller.
Den Jens Keller, über den die Vereinsverantwortlichen vor einigen Tagen noch gesagt haben, wie fest er doch im Sattel sitzt.
Ich habe keine Ahnung, wie ich den Zeitpunkt der Entscheidung bewerten soll. Ist der angeblich feste Glaube an die Fähigkeiten von Jens Keller wirklich durch die Leistungen gegen Maribor und Hoffenheim so erschüttert worden, dass man sich kurzfristig zu diesem Schritt entschlossen hat? 180 Grad Wendung?
Ehrlich gesagt glaube ich das nicht. Wäre dies der Fall gewesen, hätte der S04 wieder einmal eine Übergangslösung für die Trainerbank präsentiert. Dass heute mit Roberto di Matteo, ausgestattet mit einem Vertrag über drei Jahre, ein neuer Trainer vorgestellt wurde, spricht für einen bereits geplanten und vorbereiteten Wechsel auf der Trainerbank. Geplant war er vielleicht erst für die kommende Saison, diese Vorbereitung und die bisherigen und vor allem die letzten beiden Ergebnisse haben die Abkehr von Jens Keller mit Sicherheit beschleunigt.
Mit Jens Keller muss nun der Trainer Schalke verlassen, der in seiner Zeit als Chefcoach den wenigsten Respekt von allen Seiten bekommen hat. Jens Keller hat Schalke durch die beste Rückrunde der Vereinsgeschichte TM erneut in die Champions League geführt und niemand kann Jens Keller vorwerfen, keine vorzeigbaren Ergebnisse abgeliefert zu haben. Und trotzdem wurde niemand warm mit Jens Keller. Es fehlte der Respekt und die auf Schalke so wichtige Zuneigung. Und hier haben alle ihren Beitrag geleistet: Zuerst die Medien, dann das Umfeld, und zuletzt auch Präsidium und Aufsichtsrat. Es geht der Trainer, der auf Schalke hart erfahren musste, dass es im Fußball-Geschäft auch darum geht, sich als Trainer zu verkaufen. Es scheint nicht Jens Kellers Ding zu sein und ein bisschen ist er auch diesem fehlenden Eigenmarketing gescheitert. So traurig das auch klingt.
Und doch möchte ich nicht in den Tenor mit einstimmen, das Jens Keller ein Opfer geworden ist. Ich war nie ein Befürworter von Jens Keller. Ich habe bei ihm nie das Gefühl gehabt, dass er in der Lage sein würde, diese Mannschaft wirklich zu entwickeln und sie weiter nach vorne zu bringen. Besonders deutlich wurde es in den ersten Spielen der aktuellen Saison. Schalke wirkt spielerisch arg limitiert. Nicht (nur) vom Spielerpotential, sondern vor allem in der taktischen Ausrichtung und Flexibilität. Selten war es so vorhersehbar, wie Schalkes Gegner auftreten und wie erfolgreich sie damit sein würden. Hannover, Gladbach, Hoffenheim und ja, selbst Maribor. Und es ist Jens Keller anzulasten, dass er hier nicht reagieren konnte. Konnte, weil er entweder keine Lösung wusste oder er die Mannschaft bereits nicht mehr zuhörte. Beides ist leider denkbar.
Die Trennung von Jens Keller ist daher in meinen Augen richtig und hätte zum Saisonende eh stattgefunden. Aber, es hat alles einen Beigeschmack. Es wird, wie so häufig, das Trainerteam allein zur Verantwortung gezogen. Man kann nur hoffen, dass Mannschaft und Entscheidungsträger im Verein sich ebenfalls hinterfragen. Aber ich habe eigentlich die Hoffnung aufgegeben, dass dies wirklich geschehen wird oder gar zu einem Ergebnis führt.
Am Ende geht hier der Trainer zum jetzigen Zeitpunkt, damit sich andere Verantwortliche nicht zu sehr mit Ihren Fehlern auseinandersetzen müssen.
Wir schließen also wieder einmal ein Trainerkapitel auf Schalke und öffnen ein neues.
Nun begrüßen wir also Roberto di Matteo auf der Schalker Trainerbank. Di Matteo ist den meisten wohl bisher durch den Champions League Triumph mit dem FC Chelsea bekannt. Und passenderweise gleicht sich sein dortiges Schicksal mit dem von Jens Keller auf Schalke. Übernahme als Übergangstrainer nach der Entlassung von Trainer Villas-Boas. Im Umfeld häufig umstritten und doch durfte er vor allem wegen dem Champions League Triumph weitermachen. Viel Kredit hatte er dennoch nicht und wurde in der folgenden Saison schnell entlassen.
Ich habe keine Meinung zu dem Trainer die Matteo, dafür verfolge ich den englischen Fußball zu wenig. Bei Chelsea ist er mir durch die sehr defensive Spielweise in Erinnerung geblieben. Gleiches schien auch sein Qualitätsmerkmal bei den beiden anderen Vereinen zu sein. Bis auf die letzte Zeot bei Chelsea fast immer einen Gegentorschnitt von unter 1,35 pro Spiel. Das ist eine Ansage.
Um ehrlich zu sein, ist es mir egal, wie die taktische Wunschausrichtung des neuen Trainers ist. Ich möchte einfach das Gefühl haben, dass der Trainer in der Lage ist, die Mannschaft auf unterschiedliche Situationen und Gegner einzustellen. Ich möchte einen Trainer auf Schalke sehen, der einfach Herr der Lage ist. Das Gefühl fehlte mir einfach in den letzten Monaten.
Ob Roberto di Matteo hierfür der richtige Mann ist, kann ich nicht sagen. Es spricht aber absolut gar nichts dafür, dass er es eben nicht ist.
Ich wünsche Roberto di Matteo allein schon aus Eigeninteresse allen Erfolg der Welt und hoffe, dass wir nun wenigstens für einen gewissen Zeitraum wieder Ruhe auf Schalke haben. Ich wünsche mir, dass er nun erst einmal arbeiten kann, ohne gleich wieder in der Schusslinie zu stehen, weil der ach so großartige Wunschtrainer der Massen, Thomas Tuchel, nicht verpflichtet wurde.
Gleichwohl weiß ich, dass es so nicht kommen wird.
Auch wenn es für den Verein so wichtig wäre.
Insbesondere die letzten 3 Absätze treffen des Pudels Kern. Aber wir kennen ja unser Schalke, nicht?! 😉