Die deutsche Nationalelf spielt mal wieder in Gelsenkirchen. Heute geht es in der EM-Qualifikation gegen Irland.
Ich werde nicht hingehen, wie die anderen Male zuvor auch nicht. Es kam mir noch nicht einmal im Ansatz in den Sinn.
Natürlich muss ich mich nicht rechtfertigen, ein Fußballspiel nicht zu besuchen. Und doch habe ich in den vergangenen Tagen mehrfach versucht, mir selbst mal zu erklären, warum es für mich (nach zwei Versuchen im Stadion) eigentlich ausgeschlossen ist, ein Spiel der Nationalmannschaft zu besuchen. Noch dazu direkt vor der Haustür.
Was sind meine Gründe? Ich kann es bisher selbst schwer erklären.
Der Verband ist für mich nicht der ausschlaggebende Punkt. Zugegeben, ich mag die handelnden Personen beim DFB nicht. Aber deswegen ein Spiel der Nationalmannschaft auf Schalke nicht anschauen, weil mir die Verbandsführung nicht passt? Das kann kein Argument sein. Clemens Tönnies ist für mich schließlich auch kein Quell der Freude und Schalke schaue ich auch.
Ich habe mich aber auch sportlich noch nie für die deutsche Nationalmannschaft begeistern können. Selbst große Turniere oder gar der WM-Titel, bei dem der Benedikt Höwedes eine Hauptrolle spielte, haben bei mir keine großen Emotionen hervorgerufen. Meine Abneigung gegen Spieler aus Dortmund oder Bayern konnte ich nie ablegen, Patriotismus ging bei mir nie über die Vereinsliebe. Klar, internationale Spiele habe ich in der Regel geschaut, die Auftritte der deutschen Mannschaft aber mit der gleichen emotionalen Spannung wie bspw. Russland gegen Algerien.
Trotzdem. Wenn ich ehrlich bin, hat mich eine fehlende Bindung zu den Mannschaften noch nie davon abgehalten, ein Fußballspiel im Stadion zu sehen. Was hätte mich sonst zu Spielen wie Lyon gegen Montpellier, Alkmaar gegen Utrecht oder Roma gegen Lazio gebracht. Mit Sicherheit keine Sympathie für eine der beteiligten Mannschaften.
Und doch nähern wir uns hier dem entscheidendem Punkt. Ich habe bei diesen Spielen die Emotionen von den Rängen aufgesogen. Ich habe so manches Tor verpasst, weil mich das Treiben in den Kurven gefesselt hat. Emotionen, mal heftig, mal eher zurückhaltend. In der Regel aber immer echt. Das hat Spaß gemacht.
Warum geht das bei der deutschen Nationalmannschaft nicht? Vielleicht weil ich hier noch nicht einmal wahre Emotionen von den Rängen erwarte. Ich habe das Gefühl das Besuche der Nationalmannschaft mit der Erwartungshaltung einher gehen, die ich sonst nur bei Heimspielen des FC Bayern erlebt habe. Bitte Unterhaltung auf höchstem Niveau, knappe Spiele sind nicht erwünscht.
Die 11Freunde hat in Ihrer aktuellen Ausgabe (#155, Seite 45) den Besucher der Spiele der Nationalmannschaft schön überspitzt beschrieben:
…Eine Spezies, die sich schon vor dem Anpfiff in eine bemerkenswerte Wutstarre ereifern kann, wenn auch nur einer der Spieler, womöglich noch mit Migrationshintergrund, bei der Nationalhymne nicht ergriffen mitsingt. Jedes Länderspiel ein nationales Hochamt, auf Augenhöhe mit Sedantag und Hambacher Fest. Es ist dies ein Publikum, das im vierten Stern keine nette Stickerei sieht, sondern eine quasimilitärische Auszeichnung…
…Das Publikum hat natürlich auch klarste Vorstellungen, wem es seine Sympathien gewährt und wem nicht. Natürlich will es für sein Geld Zauberpässe und Traumtore en gros sehen…
Das bringt es auf den Punkt. Diese Selbstverständlichkeit auf (hohe) Siege, mit der man in diesem Land der Nationalmannschaft begegnet, und unfassbar unsachlicher Kritik, verdirbt das Erlebnis Nationalelf auf so vielen Ebenen. Ob im Stadion oder bei irgendwelchen Public Viewing Veranstaltungen, mir fällt immer wieder auf, dass ich mich in dieser Gesellschaft nicht wohl fühle. Die Art den Fußball zu erleben ist hier eine andere, als ich es für mich beanspruche. Das ist keine Wertung, nur eine Beschreibung der unterschiedlichen Ansprüche an ein Fußballspiel.
Aber nun wird das Bild deutlicher:
Die Kombination aus fehlendem sportlichen Interesse meinerseits, fehlende Identifikation mit der Mannschaft bzw. dem Verband sowie das Gefühl bei einem Spiel der Nationalelf einfach fehl am Platz zu sein, ist also die grobe Erklärung für mein Desinteresse.
Schön, dass ich das mal für mich erläutert habe…